Nuriye Gülmen und Semih Özakça, zwei Akademiker die auf ungesetzliche Weise Opfer der neuerlassenen Gesetzesdekrete (KHK) wurden, sind heute Abend nach eintägigem Gewahrsam verhaftet worden. Sie wurden letzten Sonntag, am 75. Tag ihres Hungerstreiks in Gewahrsam genommen, in dem man ihre Haustür gewaltsam aufbrach.
Die Staatsanwaltschaft hatte Nuriye und Semih vorher schon mehrmals ohne Erfolg wegen „Angehörigkeit zu einer Terrororganisation“ angeschuldigt. Diesmal hat die Staatsanwaltschaft sie in ihrer Anklageschrift mit „Planung einer Widerstandsbewegung wie Gezi oder Tekel“ beschuldigt und dem folgte noch in der gleichen Nacht eine Polizeirazzia. Ab dieser Nacht hat die Polizeisondereinheit des Polizeipräsidiums in Ankara angefangen, auf der Yüksel Straße und Sakarya Straße und fast in dem ganzen Viertel Kızılay Terror zu verbreiten, Unterstützer von Nuriye und Semih und sogar vorbeigehende Passanten anzugreifen. Die letzte unfassbare Tat der Polizei war, das Menschenrechtsdenkmal auf der Yüksel Straße “in Gewahrsam zu nehmen” indem sie das Denkmal mit Eisenbarrieren umzingelten.
Die Anklageschrift ist inhaltslos, die eigentliche Absicht ist den Hungerstreik zwanghaft zu beenden
Nachdem Nuriye und Semih in Gewahrsam genommen wurden waren sich alle Juristen einig, dass die Regierung Angst vor der Unterstützung und den Reaktionen der Bevölkerung hatte und deswegen irgendeinen Weg suchte diese zwei Akademiker von der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen und einen „Ausweg“ zu finden um den seit 75 Tagen geführten Hungerstreik zwanghaft zu beenden.
Man hat vermutet, dass die beiden Akademiker Nuriye und Semih heute nach ihrer Anhörung am Gericht mit einer belanglosen Begründung verhaftet werden und dann nach dem Gesetz des Strafvollzugs und der Sicherheitsmaßnahmen Nr.: 5275, Artikel Nr.: 82 und in Haft wirkend Artikel Nr.: 116, „die zwanghafte Zuführung von Nahrung“ angewendet wird. Laut dem Artikel 82, kann mit der Voraussetzung „der Feststellung der Entstehung von Lebensgefahr oder Beeinträchtigung des Bewusstseins durch einen Arzt“ und dem gerichtsmedizinischen Bericht „die zwanghafte Zuführung von Nahrung“ angewendet werden.
An dieser Stelle ergeben sich sowohl medizinisch als auch juristisch, zwei wichtige Probleme:
“Die zwanghafte Zuführung von Nahrung” ist komplett gegen die Ethik der Medizin
Das erste ist, dass „die zwanghafte Zuführung von Nahrung“ bei Nuriye und Semih, die seit 75 Tagen in Hungerstreik sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit große bleibende Gesundheitsschäden hinterlassen wird. Außerdem wird diese Methode seit den 90’er Jahren in den Gefängnissen der Türkischen Republik (T.C.) öfters bei Hungerstreiks angewendet, um die streikenden Gefangenen zu „bestrafen“. Aus diesem Grund sind sich weltweit alle Ärztekammern darüber einig, dass bei freiwillig durchgeführten Hungerstreiks eine zwanghafte Zuführung von Nahrung auf keinen Fall ethisch ist und durch das Risiko der bewussten Schadenszufügung ein Widerspruch gegen den hippokratischen Eid entstehen würde.
“Verhaftung und zwanghafte Zuführung von Nahrung bei Hungerstreik” ist ein Verstoß gegen die Menschenrechtsvereinbarung
Diese Situation hat auch Wirkung auf das juristische Problem bei Nuriye und Semih’s Gerichtsverfahren:
Die weltweite juristische und medizinische Akzeptanz “der zwanghaften Zuführung von Nahrung” wird nur dann ausgesprochen wenn die streikende Person nicht mit eigenem Willen agiert wie zum Beispiel: geistlich gestört ist oder dazu gezwungen worden ist. Auch wenn das geltende verrottete Türkische Rechtssystem zu diesem Beschluss einen Vorwand erschaffen hat, ist dieser, sowohl ohne Beweise als auch ohne Achtung auf die Gesundheitsverhältnisse von Nuriye und Semih von dem voreingenommenen Gericht „auf Anweisung“ ausgesprochene Beschluss und seine Gründe zur Verhaftung, in Bezug auf die höchste Instanz und zwar der “Menschenrechtsvereinbarung”, auf internationaler juristischer Ebene völlig ungültig. Deswegen ist der tatsächliche, wirkliche und klare Grund der Verhaftung “der Hungerstreik” und ist somit gegen jegliche Rechtsprechung der Europäischen Menschenrechtsvereinbarung, Artikel 3. Dadurch werden der Türkei schwere juristische Sanktionen bevorstehen.
Hier die durch das Gericht „schon im Vorfeld“ beantworteten Fragen:
“Du hast ein Video geteilt wo du Gitarre spielst und singst. Hast du dir überlegt, dass Mitglieder einer Terrororganisation dieses Video teilen könnten?”
“Was ist der Zweck dieser angeblich harmlos nach Gerechtigkeit suchenden Aktionen?”
“Sie führen landesweit eine Aktionsgemeinschaft. Planen sie eine Widerstandsbewegung wie Gezi?”
“Mit ihren rechtswidrigen und angeblich harmlos nach Gerechtigkeit suchenden Aktionen verbreiten sie Hass und Abscheu unter die Bevölkerung, was bezwecken sie?”
“Welche Vorteile wurden ihnen versprochen, dass sie in die Aktion des Todfastens gegangen sind?”
Anklage: …….
Beweis: …….